Dienstag, 19. Oktober 2010

Hochdeutsch versus Mundart - Gedanken zur Debatte

Peter von Matt hat im Bund einen Artikel veröffentlicht, der Staub aufwirbelt. Der Artikel kann HIER nachgelesen werden.
Peter von Matt packt ein heisses Eisen an, und das auf sehr pointierte und streitbare Art und Weise. Beim Lesen ist mir mehr als einmal ein protestierender Ausruf entfahren. Es ist schade und auf gewisse Weise unglaubwürdig, dass von Matt mit Ausdrücken wie „lautmalerischen Litaneien“, „das hätte ohne weiteres von einem Dadaisten auf einer verrauchten Bühne (...) rezitiert werden können“ und anderen mehr den Dialekt abwertet, um im selben Atemzug gegen die Abwertung der Hochsprache zu werben.
Einige der angesprochenen problematischen Punkte im Umgang mit der Hochsprache sind aber durchaus relevant: So ist es störend, dass nicht alle Deutschschweizer in der Lage oder gewillt sind, bei Bedarf in der Hochsprache zu sprechen. Woher der Unwille oder die Unlust kommt, sich Deutschen oder Österreichern gegenüber verständlich zu machen, ist mir oft rätselhaft. Woher aber die Hemmung oder das Unvermögen kommt, weniger: Sicher scheint mir, dass Deutschschweizer durch die mangelnde Übung im Hochdeutschen einen Nachteil haben, wenn sie mit Deutschen debattieren. Wir sind langsamer, weniger eloquent und wendig und unser Hochdeutsch-Wortschatz ist kleiner als bei jemandem, der viel regelmässiger Hochdeutsch spricht. Dies entspricht aber eher einer Tatsache als dass es in einem Artikel wegdiskutiert werden kann. Ob sich diese Faktoren im Lauf der Zeit negativ entwickelt haben, wie von Matt behauptet, kann ich aber nicht beurteilen (der „Wechsel zwischen den zwei Gestalten der Muttersprache, der in der Schweiz lange Zeit ganz selbstverständlich praktiziert wurde“).
Schlussendlich befremdet mich die Unbedingtheit, mit der Peter von Matt jenen hochdeutschschwachen Deutschschweizern die Kulturfähigkeit abspricht. „Geistiger Austausch, das Geben und Nehmen denkender Köpfe“ scheint mir nicht ganz so stark an eine Sprache gebunden zu sein, wie das von Matt wahrnimmt. Deutschschweizer, die, aus welchen Gründen auch immer, Mühe haben, Hochdeutsch zu sprechen, machen durchaus von der Möglichkeit gebrauch, sich den Zugang zum deutschen Kulturraum zu bewahren: Sie lesen, hören, gehen ins Theater und tauschen sich über diese kulturellen Bereicherungen aus - auf Schweizerdeutsch.

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