Donnerstag, 2. Dezember 2010

Restaurantkultur

Nicht, dass ihr wieder besorgt anruft und fragt, ob es uns noch gibt: Wir sind noch da, und es geht uns gut, auch wenn wir einen Tag nicht gebloggt haben. Ich hatte etwas Wichtiges zu tun... mehr dazu später einmal.

Vorgestern haben Herr Bhend und ich einen Gutschein für ein Essen in einem Innenstadt-Restaurant eingelöst. Das Restaurant befindet sich in einer der kleinen Verbindungsgassen, die nur für Fussgänger geöffnet sind und in denen sich die Cafés und Restaurants der Innenstadt zusammendrängen. Man kann sich diese Gassen vorstellen wie in Bern die Passagen, nur grösser.

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Es war zu dunkel, um das Essen zu fotografieren. Deshalb sind die Bilder in diesem Post etwas aus der Luft gegriffen.
Der folgende Ablauf des Abends ist wirklich so geschehen und ist ein gutes Beispiel dafür, dass es manchmal länger geht, bis man sich eingelebt hat. Und auch für: Andere Länder, andere Sitten. Der Gast im Restaurant heisst hier übrigens Patron.
Wir kamen also bei "unserem" Restaurant an und wollten reingehen, um nach unserer Reservierung zu fragen, da fängt uns eine aufgeregte Kellnerin von hinten ab. Sie seht normalerweise draussen vor dem Restaurant und quatscht alle Passanten an. Uns hat sie aber übersehen und wir sie auch. Wir dürfen danach draussen Platz nehmen, sie kommt an den Tisch und fragt unter andrem, ob wir eine Weinkarte haben möchten.
Ich muss dazu noch sagen, dass in der Gasse ein ziemlicher Lärm herrscht: Eine Band spielt weiter vorne, aus den verschiedenen Restaurants und Bars schwappt Musik und Gelächter auf die Strasse, und auch die Leute an den Tischen unterhalten sich lautstark. Wir verstehen beide nicht alles, was die Kellnerin zu uns sagt.

Wir sagen also, ja, wir hätten gerne eine Weinkarte. Die kriegen wir sofort. Wir blättern etwas verwirrt darin und suchen das Essen, bis wir realisieren, dass wir wirklich nur die Weinkarte bekommen haben. Wählen die Aussies ihren Wein, bevor sie das Essen wählen? Wählen sie vielleicht das Menü passend zum Wein aus?

Wir müssen jedenfalls nachfragen und bekommen dann auch die Menükarte. Die Kellnerin kommt, schnappt sich die Stoffservietten vom Tisch und drapiert sie uns gekonnt auf dem Schoss. Beinahe hätte es einen Zusammenstoss gegeben, weil ich ihr behilflich sein wollte. Bei Jonas ging es schon reibungsloser, weil er zugesehen hatte und danach schon besser vorbereitet war.

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Wir wählen und die Vorspeisen werden serviert. Weil auf beiden Tellern ein Berg Brot aufgeschichtet ist und wir unmöglich alles essen wollen, sehen unsere Teller noch etwas voll aus, obwohl wir fertig sind. Die Kellnerin kommt also wieder, fragt etwas, was ich nicht verstehe, aber so in Richtung: Hats geschmeckt? Seid ihr bedient? Kann ich abräumen? interpretiere.
Ich sage: Yes, we are fine, thank you. Und das ist natürlich falsch. Sie geht und räumt andere Tische ab, Jonas und ich müssen lachen. So schwierig haben wir uns das nicht vorgestellt. Und mit einem: We're done. klappts später auch noch und sie räumt unseren Tisch ab.

Die Hauptspeise kommt und danach die Kellnerin mit einer Pfeffermühle. Ob wir Pfeffer über unser Gericht haben möchten? Mit dem Prozedere, das dieser Frage folgt, sind wir zum Glück schon vertraut, und deshalb kommt es nicht, wie beim ersten Mal, zu einem fast fatalen Zusammenstoss. Man stelle sich vor: Die schön angerichteten Teller, die Kellnerin, die den Service erbringt, jedem Gast drei Umdrehungen Pfeffer über das Gericht zu mahlen, und der Gast (ich), der denkt, er kriegt die Pfeffermühle überreicht, der dazwischen langt, die Pfeffermühle, die ins Gericht fällt..... nicht schön!

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Diesmal lassen wir sie machen, und sie bepfeffert unsere Teller akkurat und mit viel Liebe. Übrigens: vom Salz kann man sich selber bedienen, nicht dass ihr denkt, man hätte hier als Patron gar keinen eigenen Handlungsspielraum.

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