Montag, 7. November 2011

Roadtrip II



















Knapp vier Tage, 1472 km, 22 Stunden. Und trotzdem sind wir nur haarscharf über die Grenze des nächsten Staates, New South Wales, gekommen. Was für ein unglaublich grosses Land! Wenn ich mir jetzt die grünen Nationalparkflächen auf der Karte anschaue und daran denke, dass wir unbedingt in den kleinen, winzigen Mungo National Park wollten, kommt mir das durchaus ein bisschen verrückt vor. Aber der Mungo National Park ist nicht irgendeiner. Es ist der Park, in dem man direkt vor einer über 40'000 Jahre alten Feuerstelle stehen kann. Im Mungo Nationalpark wurde die Mungo Lady, die älteste je gefundene kremierte Person auf der Welt, und der Mungo Man gefunden. Beide werden auf ein Alter von ca. 40'000 Jahre geschätzt.

Diese Datierungen haben ältere Betrachtungen, wonach die ersten Menschen erst viel später nach Australien eingewandert sein sollen, über den Haufen geworfen. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass zwischen den ersten Menschen in Afrika und Mungo Lady respektive Mungo Man bis heute kaum Skelette im asiatischen Raum gefunden wurden, die die Wanderung ostwärts dokumentieren.

Im Mungo National Park gibt es am Ufer eines lange ausgetrockneten Sees eine Sanddüne, die wandert, und deshalb Jahr für Jahr neue, uralte Funde preisgibt. Mit einem Aboriginal-Führer konnten wir die Düne erkunden. Dafür und für die (fast!) unendlich vielen Sterne am Himmel hat sich die lange Fahrt allemal gelohnt.

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Der Lake Mungo von der Düne aus gesehen.

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Der verfestigte Sand wird von Wind und gelegentlich auch Wasser erodiert. Dabei entstehen skurrile Skulpturen, die Pinacles.

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Der Nationalparkranger. Ein Teilnehmer an der Führung hat ihn gefragt, wie gross den die drei Stämme auf dem Gebiet des heutigen Nationalparks gewesen seien, zu denen Mungo Man und Mungo Lady gehört hätten. Die Antwort war, dass er uns keine Zahlen nennen könne, aber um uns einen Eindruck zu geben, zählte er auf, wo überall in Australien seine 'Cousins' leben. Er schien keinen grossen Unterschied zwischen heute und  vor 40'000 Jahren zu sehen. Ausserdem steht 'Cousin' bei den Aboriginals für jeden auch noch so weit entfernten Verwandten, was die Aufzählung ziemlich lange werden liess.
Er hatte ausserdem kein Gehör für die Frage, zu welchem der drei Stämme denn Mungo Man und Mungo Lady gehört hätten. Weiter oben auf der Düne zeigte er uns eine Stelle, an der Archäologen versucht haben, eine Fundstelle mit Ästen zu markieren, was aber wesentlich dazu beigetragen hat, dass sie heute mit Sand zugeweht ist. Der Ranger meinte, dazu könne er uns nichts erzählen, wir würden ja nicht sehen können, worüber er spreche, und würden dann denken, dass er lüge.

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Es war ziemlich windig. Ich weiss jetzt auch, warum unsere Kamera bei Zoomen knirscht.

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Eine 42'000 Jahre alte Feuerstelle. Viel sieht man von ihr nicht. Jedes Jahr verbringen Archäologiestudenten 6 Monate hier draussen und suchen nach den neu von der wandernden Düne freigelegten Funden, um sie zu kartieren und zu datieren. Alles Material wird mittlerweile auf der Düne belassen und deshalb auch wieder zugeweht. Als in diesem Frühjahr heftige Regenfälle über der Düne niedergingen und viel Sand verschoben haben, hätten sie Pfeilspitzen und andere Gegenstände aus den Augen verloren, meinte der Ranger. Ich war beeindruckt, dass die Leute hier so gut wieder loslassen können. Sie finden etwas und wissen, dass es wieder verschwindet. Dafür kommt Neues zum Vorschein.

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Auf der Feuerstelle liegen Emueierschalen und Reste von Muscheln. Auch viele Fischknochen werden gefunden, denn damals, also die Mungoleute hier lebten, war der See noch voll. Der Wind hilft dabei den Archäologen: Er weht den leichteren Sand weg, zurück bleiben die schwereren Fundstücke.

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Kuchen mit Emuei soll ganz ausgezeichnet schmecken und sehr nahrhaft und stärkend sein, erzählt uns der Ranger zum Schluss. Seine Grossmutter mache ab und zu einen für die Männer.

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