rösser und high-heels

Ich erhebe ehrfurchtsvoll meine schreibende Hand, respektive meine tippenden Finger und verfasse einen Gastblogeintrag, direkt von unger drunger und hinger dranne, aso quasi von hinter den Kulissen des Aussieblogs. Hinter die Kulissen gerieten wir auch am Sonntag. Tony, ein Freund von Jonas, hatte uns zum horse-race, zum Rösserrennen in Melbourne eingeladen. Dieser Einladung leisteten wir selbstverständlich Folge, nachdem wir uns von Jonas Verhaltensregeln und Umgangsformen rund ums Rösserrennen angehört, und Helens Kleiderschrank inklusive ihrer Auswahl an "fascinator" (das sind diese Dinger für auf den Kopf, nicht bei den Rössern, sondern bei den Stuten eh Frauen;) durchwühlt hatten. Ich bin stolz darauf, eine fast schon ganz australisches Meitschi zu kennen; hat doch Helen eine stattliche Anzahl an horse-race-kompatiblen Röcklis und Gewändern.
So war das Sonntagmorgenprogramm gesetzt: Aufstehen, Antifaltencrème einstreichen, Bräunungscrème einschmieren, zum Coiffeur rennen, sich übers Outfit informieren (glücklicherweise darf man in diesem Sektor auch ohne high-heels antraben), sich in Schale schmeissen und zu guter Letzt diesen "fascinator" ins Haar leimen. Ich hab jetzt fast nicht übertrieben...






Guten Mutes (aber ehrlich gesagt auch ein bisschen aufgeregt) kommen wir in diesem Rennstadion an. Wo ich erstmals mit offenem Mund stehen bleibe. Es gibt ganz viele Bildschirme mit ganz vielen Zahlen und Pferdenamen (wohlklingende wie beispielsweise secret wife, baby blue oder so) und ganz viele "geschalte" Herren und "gehigh-heelte" Damen. Ich hab gedacht, mein Röckli sei schon recht kurz geraten, aber da gibts es noch ganz andere Exemplare. Und alle diskutieren über die schon bald rennenden Rösser, und hantieren mit dicken Portemonnaies. Zum ersten mal in meinem Leben gebe auch ich einen Wetttip ab.









Aufgeregt verfolgen wir dann das erste Rennen. Ich wusste nicht, dass Rösser so schnell sind- nach 60 Sekunden ist der Spass vorbei - und ich habe 10 Dollar verloren (vielleicht ist es nicht unbedingt die beste Strategie, auf jenes Pferd zu setzen, dessen Jockey das schönste Pullöverli trägt). Whatever, es bleibt spannend. Die Hauptattraktion haben wir nämlich noch vor uns. Sie heisst Black Kaviar. Das beste Rennross der Welt. Es startet heute zum fast letzten Mal, bevor es irgendwo ins Ausland verfrachtet wird. Weil es immer gewinnt und sich hier ein bisschen langweilt. Die Menschenmasse bewegt sich zum Präsentationsrasen, Fotoapparate klicken, tosender Applaus ertönt, "we love black kaviar-Fähnchen" werden geschwungen und dann kommt das schnellste Ross der Welt angezäberlet. Ich bin ja seit jeher eher ein Esel- denn ein Rossfan, diese tänzelnden, schnaubenden Tiere machen mich immer chli nervös, ich bevorzuge den coolen und ruhigen Charakter der rossverwandten Esel. Und dennoch bin ich echt beeindruckt von diesem muskelprotzendem, glänzendem und konzentriertem Rossexemplar, das sich da präsentieren lässt und dann in Richtung Rennbahn davontrabt. Nach 55,03 Sekunden ist auch dieses Rennen Geschichte. Tosende Hufe ertönen, black kaviar und ihr jockey rasen vorbei, ein Pulk von Folgerössern hechelt hintendrein.



Klar, dass black kaviar gewinnt. Klar dass alle das Glas erheben. Klar dass alle ganz gerührt sind. Der Nationalstolz ist förmlich zu riechen. Etwa so wie damals, wisst ihr noch, als YB jeweils noch Tore schoss... Anyway, jedenfalls hat die Rossrennen-erfahrene Helen 2.75 Dollar gewonnen. Glücklich machen wir uns alle auf den Heimweg- mit und ohne high-heels an den Hufen eh Füssen.